Heute fand im Montforthaus Feldkirch der nächste Akt der Kulturhauptstadtdiskussion statt: Information an die Stadtverwaltungen und aktiver Diskurs mit Mitgliedern der Fraktionen. Anbei möchte ich noch meinen Beitrag über das PRO für die Europäische Kulturhauptstadt 2024 nachreichen. Ein Text, der in der September-Ausgabe in „Thema Vorarlberg“ erschienen ist. Das CONTRA ist auf folgender Website nachzulesen:

http://themavorarlberg.at/kultur/pro-contra-das-rheintal-als-europaeische-kulturhauptstadt-2024

Potenziale erkennen, von denen wir noch gar nichts wissen? Seit über einem Jahr sprechen die Rheintalstädte Bregenz, Dornbirn, Hohenems und Feldkirch über die Idee des Rheintals als Europäische Kulturhauptstadt 2024. Mit einer gemeinsamen Stadtvertretungssitzung, quasi einem Regionalparlament für das Rheintal, wurde am 4. Juli in Schwarzenberg eine Zukunftsentscheidung getroffen: In den Jahren 2017 und 2018 soll eine Bewerbung für die Europäische Kulturhauptstadt vorbereitet werden.

Manche sagen, Kulturhauptstädte hätten ihre Bedeutung verloren. Das kann so gesehen werden, wenn Kulturpolitik von einem tradierten Kulturverständnis ausgeht. Tradiert insofern, als dass sich kulturelle Wahrnehmung auf Ausstellungen, Theater, Oper, Lesungen oder Konzerte beschränkt. Jedoch sollte viel stärker die Idee eines breiten Kulturbegriffs in den Fokus einer zeitgemäßen Kulturstrategie treten, der sich Fragen der Gesellschaft ebenso stellt wie der Lebenswelt von Kulturschaffenden. Ansätze, die auch die Europäische Kommission ab 2020 vorsieht.

Die Initiative der Europäischen Kulturhauptstadt geht ins Jahr 1983 zurück, die Vielfalt und der Dialog zwischen den Kulturen sollten fokussiert werden. Europäische Themen, die heute durchaus positiv aufgeladen werden müssten. Kulturhauptstädte sprechen zudem nicht mehr von infrastrukturellen Maßnahmen, schon gar nicht in Vorarlberg, das bekanntlich gesegnet ist mit großartigen Kultureinrichtungen.
Was jedoch durchaus diskutiert werden darf, sind alternative Nutzungskonzepte von bestehenden Kulturräumen, internationale Netzwerke oder möglicherweise sogar gemeindeübergreifende Kulturarbeit. Im Übrigen wird dieser Ansatz die Vision

Rheintal nicht ersetzen, aber möglicherweise neue Ansätze der Gemeindezusammenarbeit definieren. Im Zentrum der kommenden Monate stehen die Entwicklung einer gemeinsamen Kulturstrategie, kulturelle Netzwerke sowie eine breite Einbindung der Zivilgesellschaft. Was passiert, wenn Kultur einen Lebensraum definiert, sich mit gesellschaftlichen Fragen wie Migration, Arbeitsplatz, Mobilität, Kulinarik oder Kommunikation und Digitalisierung auseinandersetzt? Gleicht das einer kulturpolitischen „Revolution“? Oder liegt die Vermutung nahe, dass es hier Akteure gibt, die Visionen verfolgen, diese in einer Strategie fassbar machen und in der Folge sogar umsetzen wollen? Mit diesem Ansatz sollen Meinungen gehört, herausgefordert werden, sollen Menschen sich ebenso kritisch wie zukunftsorientiert in diese Idee einbringen.

Nach dem historischen Beschluss wird der gemeinsame Weg der Städte konsequent fortgeführt. Eine Bewerbung müsste im Herbst 2018 in Brüssel eintreffen. Eines kann jedoch nach gut einem Jahr breiter Diskussion bereits festgehalten werden: Ein einzigartiger Prozess wurde in die Wege geleitet, der über die Gemeinde- und Ländergrenzen hinausgeht und ein visionäres Denken weit in die 2030er-Jahre hinein ermöglicht, Scheuklappen beseitigt, Wissen teilt und zudem das städtische Kirchturmdenken ausschaltet.