Die jüngsten globalen Ereignisse, insbesondere die Pandemie und der Krieg in der Ukraine, haben unsere Gesellschaft und die Art und Weise, wie wir urbane Räume nutzen bzw. bespielen, tiefgreifend verändert. Diese Entwicklungen führen zu neuen Herausforderungen in der Stadtentwicklung, insbesondere im Umgang mit städtischen Leerständen.

Die wachsende Brisanz von Leerständen

Leerstände in Innenstädten sind keine neue Erscheinung, doch ihre Brisanz hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Pandemie hat zu einer Verschiebung der Arbeitsgewohnheiten geführt, wobei Homeoffice-Lösungen die Notwendigkeit für Büroflächen in zentralen Lagen reduziert haben. Parallel dazu hat der Ukrainekrieg ökonomische Unsicherheiten verstärkt, was ebenfalls zur Reduzierung von Geschäftsaktivitäten beitrug. Zudem muss an dieser Stelle auf den Online-Handel hingewiesen.

Ein neuer Fokus im Leerstandsmanagement

Traditionelles Leerstandsmanagement war meist reaktiv. Heute jedoch erkennen immer mehr Stadtverwaltungen, dass proaktives Handeln notwendig ist. Leerstandsmanagement ist somit nicht nur Ansiedlungsmanagement, sondern auch eine Schnittstellenarbeit, die alle relevanten Akteurinnen und Akteure – von Stadtplanern über Immobilieneigentümer bis hin zu Gewerbetreibenden und beispielsweise Kulturschaffenden – einbezieht. Warum ist das so?

  • Steigende Anforderungen an die Vielseitigkeit städtischer Räume: Städte sehen sich zunehmend mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihre Räume vielseitig zu nutzen. Ein proaktives Leerstandsmanagement ermöglicht es, leerstehende Flächen frühzeitig zu erkennen und sie für unterschiedliche Nutzungskonzepte vorzubereiten, sei es für Wohnraum, Gewerbe oder beispielsweise kulturelle Zwecke. Daher empfiehlt es sich, von Anbeginn an Kulturschaffende in die Bespielung von Leerständen mit einzubeziehen.
  • Vermeidung von Verfall und Negativentwicklungen: Leerstehende Gebäude können rasch verfallen und zu sozialen sowie wirtschaftlichen Problemen in ihrer Umgebung führen. Durch proaktives Handeln können solche Entwicklungen vermieden werden, indem neue Nutzungskonzepte zeitnah umgesetzt und somit der Wert der Immobilien und des städtischen Raums erhalten oder gesteigert wird. Dabei soll Stadtpolitik bzw. -verwaltung aktiv den Dialog mit Eigentümerinnen und Eigentümern suchen.
  • Einbindung verschiedener Interessengruppen: Modernes Leerstandsmanagement erfordert, wie bereits erwähnt, die Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren. Diese breite Einbindung ermöglicht es, umfassende und innovative Nutzungskonzepte zu entwickeln, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden. Es entsteht ein Netzwerk, das effizient auf Veränderungen und Chancen reagieren kann. So entstehen kreative Räume mit unerwarteten Nutzungskonzepten.
  • Dynamische Stadtentwicklung fördern: Durch eine proaktive Strategie kann schneller auf Marktentwicklungen und soziokulturelle Trends reagiert werden. Leerstände können als Gelegenheiten für kreative und temporäre Nutzungen angesehen werden, was wiederum die Attraktivität und Dynamik der Stadt erhöht und möglicherweise das Interesse potenzieller Investoren weckt.
  • Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz: Die Reaktivierung bestehender Bauten ist oft nachhaltiger als ein möglicher Neubau. Proaktives Leerstandsmanagement unterstützt daher auch eie umweltfreundliche Stadtentwicklung und trägt zur Reduzierung von Ressourcen bei.

Alleine diese fünf Parameter dokumentieren, dass modernes und proaktives Leerstandsmanagement nicht nur wirtschaftlich sinnvoll ist, sondern auch zur sozialen, kulturellen und ökologischen Bereicherung von Städten führen kann.

Die Rolle der Stadtverwaltung

Die Stadtverwaltung, oftmals represäntiert durch ein Stadtmarketing oder beispielsweise eine Wirtschaftsförderung, spielt eine zentrale Rolle in der Neugestaltung leerstehender Räume. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche wie Stadt- und Verkehrsplanung, Tourismus und Ordnungsbehörden kann ein integrativer Ansatz entwickelt werden, der auf die spezifischen Bedürfnisse und Potenziale eines jeden Leerstands eingeht. Entscheidend ist dabei eine politische Haltung und das spürbare Interesse samt einem Bekenntnis zu monetären Investitionen durch ein Stadtparlament.

Gemeinschaftliche Ausgestaltung und Innovation – Stärkung der Beteiligungskultur

Erfolgreiches Leerstandsmanagement benötigt die Zusammenarbeit und das gemeinsame Engagement einer gesamten Stadtgesellschaft. Das Ziel kann nur lauten, dass eine passive Verwaltung überwunden und stattdessen gemeinsame Ziele aktiv gestaltet werden. So kann eine Stadt resilienter gegenüber nationalen und globalen Krisen gemacht werden. Ein wichtiger Schritt ist die Identifizierung von Handlungsfeldern, die einen vielfältigen Nutzungsmix in den Innenstädten befördert und einem breiten Teil der Bevölkerung Teilhabe ermöglicht.

Die Zukunft gestalten

Leerstand sollte nicht als Problem, sondern als Chance betrachtet werden. Die Pandemie und der Ukrainekrieg haben uns gezeigt, wie schnell sich Lebens- und Arbeitsweisen ändern können. Dies bietet die Chance, Innenstädte neu zu denken und zu gestalten. Aber es braucht in dieser dynamischen Zeit, mutige Stadtpolitikerinnen und -politiker, die proaktiv handeln und Leerstände als integralen Bestandteil der städtischen Transformation begreifen. Nur so bleiben oder werden Städte lebendig, inklusiv und resilient.