Anbei mein Interview über meine Pläne am Vorarlberger Landeskonservatorium … im Gespräch mit dem künstlerischen Leiter, Jörg Maria Ortwein, im aktuellen Ostinato 06/18, dem Magazin des Konservatoriums.

Du warst einst selbst Studierender am Landeskonservatorium hier in Feldkirch. Für Deinen weiteren beruflicher Weg nach dem Studium hat Dein eigenes Instrument nur noch eine Nebenrolle gespielt. Würdest Du unseren Lesern Deine berufliche Laufbahn kurz schildern?

Ich war von 1992 bis 1997 in der Trompetenklasse von Prof. Lothar Hilbrand, von 1993 bis 2002 dann Lehrer an der Musikschule Dornbirn und in dieser Zeit auch mit der Organisation des dortigen Jugendsinfonieorchesters beschäftigt. Eine Zeit, die mich sehr geprägt hat, auch die Zusammenarbeit mit Prof. Guntram Simma, der mich immer noch als Mentor und wichtiger Gesprächspartner begleitet. Dem Ruf des heutigen Wiener Konzerthaus-Intendanten Matthias Naske zur Jeunesse nach Wien als Musikvermittler im künstlerischen Betriebsbüro konnte ich damals nicht widerstehen. Damit war meine aktive Musikerlaufbahn im August 2002 beendet. Danach war ich Kulturamtsleiter der Stadt Bludenz, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter der Remise Bludenz, geschäftsführender Intendant der Grazer Spielstätten und von 2013 bis 2016 als Geschäftsführer von Bregenz Tourismus & Stadtmarketing für die Positionierung der Landeshauptstadt als Kultur- und Festspielstadt verantwortlich. Höhepunkt in Bregenz war die Verleihung der „Stadtmarke des Jahres 2014“ beim 9. Kulturmarken Award in Berlin und der Startschuss zur Kulturhauptstadtbewerbung, die es ohne meinen Impuls in dieser Form der Zusammenarbeit, auch wenn sie mittlerweile auf Dornbirn beschränkt ist, kaum gegeben hätte.

Was würdest Du aus heutiger Sicht rückblickend anders machen?

Mit Sicherheit nichts. Ich wollte Musiker werden, ich wollte mich mit Kunst auseinandersetzen, und ich habe für mich den richtigen Weg gefunden. Und ich bin froh, dass ich als aktiver Musiker viel über Phrasierung oder Atmung gelernt habe. Aspekte, die mich auch heute noch im Management begleiten.

Was meinen Du damit?

Jede öffentliche Rede ist eine Art Konzert, da hilft eine ruhige Atmung. Daher bin ich auch ein Verfechter von Auftrittspraxis. Phrasierung gibt es auch in der Sprache, damit entsteht ein roter Faden für eine Dramaturgie. Und eine Dramaturgie braucht beispielsweise auch ein Pressetext.

Was hat Dich dazu bewogen, auf das Angebot unseres Hauses einzugehen und unseren Studierenden die Perspektiven von Kultur- und Musikmanagement über verschiedene Lehrveranstaltungen näher zu bringen?

Seit meiner Jeunesse-Zeit hatte ich immer wieder Praktikanten und seit 2006 als Geschäftsführer bis zu 20 Mitarbeiter. Ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, Wissen weiterzugeben, Menschen aktiv zu führen, ihnen Raum für Weiterbildung zu geben. Daher glaube ich daran, dass Studierende schon im Studium mit Fragen des Managements konfrontiert werden sollten. Sharing Knowledge, lebenslanges Lernen, Offenheit, das will ich den Studierenden mit auf den Weg geben. Und das spiegelt sich auch in meinem pädagogischen Verständnis: Die Studierenden bekommen bei mir keinen theoretischen Frontalunterricht, im Gegenteil, sie müssen sich einbringen. Ich versuche den Unterricht dialoghaft zu gestalten. Beispielsweise haben wir ein Rollenspiel nachgestellt, in dem Studierende ein fiktives Konzertprojekt in 60 Sekunden erklären müssen.

Welche Bedeutung hat Deiner Meinung nach der Bereich des Musikmanagements für junge Musikerinnen und Musiker?

Ganz ehrlich gesagt, während des Studiums einen eher geringen. Aber mit dem Einstieg ins Berufsleben wird jede und jeder in irgendeiner Form mit Managementfragen konfrontiert werden. Sei es bei der Organisation von Vorspielstunden, Erarbeitung einer Konzertdramaturgie, Marketing oder schlichtweg beim Erstellen eines Subventionsansuchens. Das waren auch Fragestellungen für die Studierenden des Seminars im Wintersemester, wo wir gemeinsam ein Festival mit Straßenmusik für den Dornbirner Marktplatz erarbeitet haben.

Welche Zielvorstellungen verfolgtest Du konkret mit der vergangenen Ringvorlesung „Musikmanagement – Was Sie schon immer über den Kulturbetrieb erfahren wollten …“, die Du im Sommersemester diesen Jahres durchgeführt hast?

Ich wollte die Studierenden mit kulturellen Orten, weiteren Kunstsparten und Menschen zusammenbringen. Und zudem in den 5 Veranstaltungen à 90 Minuten Theorie und Praxis verbinden. Wir haben viele Zugänge zum Kulturbegriff diskutiert, aber auch mehr über das Zusammenspiel einer Stadtverwaltung mit einer Musikschule erfahre. Abgesehen davon haben uns Dramaturgen einige wissenswerte Hintergrundgeschichten über die Entstehung von Konzertprogrammen und Festivals erzählt.

Was konntest Du mit der Ringvorlesung erreichen?

Begegnung, Austausch, Wissenstransfer. Roland Jörg, Ivo Warentisch, Jörg Maria Ortwein, Stefan Dünser, Jutta Dieing, Andreas Rudigier, Hanno Loewy, Wolfgang Maurer, Katharina Ess und Thomas Heißbauer. Kulturämter Bregenz und Dornbirn, Musikschule Dornbirn, Landeskonservatorium, Sonus Brass Ensemble/Die Schurken, vorarlberg museum, Bregenzer Festspiele, Jüdisches Museum Hohenems, Internationales Bodenseefestival, Kulturverein allerArt und Symphonieorchester Vorarlberg. Ich glaube, damit ist die Frage beantwortet.

Du hattest mich im Rahmen der Ringvorlesung auf das Podium des Theaters am Saumarkt geladen und Deine erste Frage lautete: Was verstehst Du unter Kultur? Diese Frage würde ich nun gerne auch an Dich stellen.

Kunst machen Künstler. Kultur beschreibt ein weites Feld menschlicher Aktivitäten. Aktivitäten, mit denen wir aktiv unseren Lebensraum gestalten. Wir überschreiten dabei aber immer Grenzen zu sozialen Fragestellungen, Wissenschaft und Forschung, Sport, Gesundheit, zu Architektur und Stadtplanung und zu Feldern wie Kommunikation, Mode und Gastronomie. Dies ist mein Zugang zu Kultur.

Man kennt Dich nicht zuletzt als Kulturmanager. Kann man Kultur überhaupt managen?

Ich glaube, man muss es sogar tun. Kunst entsteht in einem kreativen Prozess, aber damit beispielsweise Konzerte oder Opernaufführungen wahrgenommen werden, braucht es professionelles Management.

Wir haben gehört, dass Du kennst das Landeskonservatorium seit vielen Jahren kennst. Welche Bedeutung hatte rückblickend das Landeskonservatorium für die kulturelle Entwicklung der Region aus der Perspektive eines Kulturmanagers und Beraters, der für verschiedene Institutionen, Organisationen und Kommunen gearbeitet hat?

Wissenschaftliche Einrichtungen, zu denen auch eine Musikausbildungsstätte zählt, sind wichtig für eine Region. Hier entsteht ein Diskurs über Kunst. Kreative Prozesse werden angestoßen, auch im Dialog mit der Bevölkerung. Das Landeskonservatorium ist zudem ein gutes Beispiel, wie eine Landeseinrichtung in das Land strahlen kann. Konzertreihen in allen Teilen des Landes, Kooperationen mit dem Chor- und Blasmusikverband, so lernt das Publikum das Haus kennen, die Studierenden kulturelle Partner. Das würde ich mir auch von anderen kulturellen Landeseinrichtungen wünschen, das ist Verantwortung für das ganze Land.

Wir beide sind uns glaube ich einig, dass aktuelle gesellschaftliche Umbrüche zu Veränderungen in der Bildungs- und Kulturlandschaft schon geführt haben und weiterführen werden. Wo siehst Du die Herausforderungen für Positionierungen im Bildungs- und Kulturbereich in der Bodenseeregion, die gleichzeitig von Regionalität und Internationalität geprägt ist?

Vorweg: Wir leben in einer absolut internationalen Region, einer Art Metropolregion, die zusammengewachsen ist, es gibt längst keine Grenzen mehr. Das sieht man auch an der Vielfalt der Nationalitäten und Sprachen hier am Haus. Bildung und Wissenschaft sind die wichtigsten Bausteine für die Zukunft, die relevant für eine funktionierende Gesellschaft sind. Und darauf sollten wir aufbauen. Das Landeskonservatorium ist ein musikalischer Botschafter des Landes, ein bedeutender Kulturträger. Nicht nur als Ausbildungsstätte, sondern auch mit den vielen Angeboten, die ich bereits angesprochen habe.

Was sind Deine persönlichen beruflichen Zielsetzungen für die nahe Zukunft und welche Lehrveranstaltungsformate hast Du unseren Studierenden im kommenden Studienjahr anzubieten?

Ich bin seit 2017 mit Culturelab selbständiger Unternehmer und begleite insbesondere die Stadt Chemnitz, das ehemalige Karl-Marx-Stadt, bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2025. Diese rund 8 Tage pro Monat im Freistaat Sachsen fordern mich voll, ich schreibe und koordiniere das Bewerbungsbuch, sprich die Dramaturgie und die Story für eine mögliche Kulturhauptstadt, vernetze Chemnitz in Europa und habe selbst die Möglichkeit vor Ort neue Projekte und Ideen mit einem Team von 5 Mitarbeiterinnen und rund 300 Ehrenamtlichen umzusetzen. Zudem moderiere ich die Kulturkonzeption der Stadt Weingarten bei Ravensburg, die bis Jahresende präsentiert werden sollte sowie diverse kleinere Beratungsaufträge. Hier am Hause folgt ich im Wintersemester ein Seminar zur Erarbeitung eines Kammermusikfestivals. Die Studierenden werden sowohl die Dramaturgie wie die auch Organisation eines Festivalformats an Hand eines konkreten Projekts kennenlernen, das am 16. März 2019 stattfinden wird. im Sommersemester folgt dann die Vorlesung Musikmanagement, wo ich wiederum Türen öffnen und dabei einen Schwerpunkt auf Kulturmarketing legen werde.