Manche Kritiker meinen, Kulturhauptstädte hätten ihre Bedeutung verloren. Das kann so gesehen werden, wenn Kulturpolitik von einem tradierten Kulturverständnis ausgeht. Tradiert insofern, als dass sich kulturelle Wahrnehmung auf Ausstellungen, Theater, Oper, Lesungen oder Konzerte beschränkt. Jedoch sollte viel stärker die Idee eines breiten Kulturbegriffs in den Fokus einer zeitgemäßen Kulturstrategie treten, der sich Fragen der Gesellschaft ebenso stellt wie der Lebenswelt von Kulturschaffenden.

Die Diskussion über den Kulturbegriff kommt einem Paradigmenwechsel in der Kulturpolitik gleich. Was passiert, wenn Kultur einen Lebensraum definiert, sich mit gesellschaftlichen Fragen wie Migration, Arbeitsplatz, Mobilität, Kulinarik oder Kommunikation und Digitalisierung auseinandersetzt? Gleicht das einer kulturpolitischen Revolution? Oder liegt die Vermutung nahe, dass es hier Akteure gibt, die Visionen verfolgen, diese in einer Strategie fassbar machen und in der Folge sogar umsetzen wollen? Mit diesem Ansatz sollen Meinungen gehört, herausgefordert werden, sollen Menschen sich ebenso kritisch wie zukunftsorientiert in diese Idee einbringen.

Einige Aspekte, die für eine Vorarlberger Bewerbung sprechen:

  1. Die geografische Lage in der Mitte Europas, zudem eingebettet in die Vierländerregion Bodensee, spricht für eine mögliche Bewerbung in der über Regionen und Landesgrenzen hinaus einen ernsthaften Diskurs über das Zusammenleben, Lebensqualität, kulturelle Produktion und Positionierung geführt wird.
  2. Vorarlberg und die Region bestechen durch die kulturelle Größe und Vielfalt im Vergleich zur räumlichen Kleinheit und zum ländlichen Raum. Urbanität ist kaum vorhanden, dieses Wechselspiel aus vielfach geforderter Urbanität und ländlicher Idylle gilt es immer wieder neu zu definieren.
  3. Vorarlberg steht sehr für das Nebeneinander von Tradition und Innovation. Trotzdem könnte sollte der Kreativität und Kreativwirtschaft mehr Raum gegeben werden
  4. Vorarlberg gilt als Mekka der Architektur, gerade im Bereich des Holzbaues.
  5. Vorarlberg nennt ein breites und qualitativ hochstehendes Kulturangebot sein Eigen. Können Qualitätskriterien und internationale Auslage diese Annahme möglicherweise hinterfragen
  6. Vorarlberg an sich ist bekannt für eine stabile Finanzlage.
  7. Der Umgang mit natürlichen Ressourcen wie Grund und Boden oder Wasser darf durchaus optimiert werden.
  8. Ein Selbstreinigungsprozess kann für eine Kommune oder eine Stadtregion durchaus inspirierend wirken. Für was stehen wir? Dass Kultur sinn- und identitätsstiftend wirken, ist hinlänglich bekannt. Kann ein Blick hinter die Kulissen dem sozialen Gefüge der Gesellschaft gut tun?
  9. Ist Vorarlberg tatsächlich ein offenes Land, ein Land, das offen ist für Neues? Oder ist diese Eigeneinschätzung lediglich ein Mythos?