Wie hat sich der Städtetourismus seit der Pandemie entwickelt? Gibt es das Phänomen „Overtourism“ überhaupt noch oder ist es mittlerweile ein rein politisches Statement? Ein Gespräch mit Dieter Hardt-Stremayr, Geschäftsführer von Graz Tourismus und ehemaliger Präsident von European Cities Marketing (ECM) über „Overtourism“, ökologisches Reisen und die Bedeutung von Tourismus für die Stadtentwicklung.

Städtetourismus nach der Pandemie – Erholung oder bereits wieder „Overtourism“?

Das Kulturhauptstadtjahr 2003 beeinflusst noch heute den Erfolg von Graz als Tourismusdestination. Seitdem hat sich der Städtetourismus massiv verändert und scheint auch zwischenzeitlich von „Overtourism“ zu „Tourism over“ mutiert zu sein. Auch Graz wurde durch die aktuellen Krisen getroffen.

Second Cities als Gewinner der Pandemie?

Laut Hardt-Stremayr ist es jedoch eine Überraschung, dass sich der Städtetourismus bereits nach so kurzer Zeit wieder erholt hat. Manche Städte in Europa vermelden mittlerweile bessere Zahlen als im Sommer 2019, „und das alles ohne den asiatischen Markt“. Teilweise kommt auch das Phänomen des „Overtourism“ zurück. Diesem Trend versuchen Städte entgegenzuwirken, beispielsweise Venedig, das Eintritt für die Stadt verlangen will. Allerdings, so Dieter Hardt-Stremayr, bringen diese Werkzeuge kaum eine Lösung. In Graz gibt es diesen „Overtourism“ nicht. Es gibt kaum Wartezeiten bei den Museen, was Gäste vielfach gar nicht mehr kennen. Dabei ist sicherlich die Stellung von Graz als „Second Destination“ ein Vorteil, ebenfalls ist die Größe der Graz. „Es kann sehr gut sein, dass Städte in unserer Größenordnung als Gewinner von diesem Phänomen profitieren.“, ergänzt Hardt-Stremayr.

Tourismus und Stadtentwicklung – ein erfolgreiches Zusammenwirken

Das gute Zusammenspiel von Stadtentwicklung, Stadtplanung und Tourismus darf in Graz betont werden. Stadtentwicklung hängt eng mit der Stadtplanung zusammen. Aus diesem Grund hat man sich in Graz entschieden, dass bei jeder Sitzung mit planerischem Charakter Graz Tourismus mit seinen Vorstellungen in Prozesse miteingebunden wird.  Eine solche enge Zusammenarbeit ist wichtig, da nur so nachhaltige Planung gewährleistet werden kann.

„Es geht nur in der Verschränkung, vor allem im urbanen Raum!“, so Hardt-Stremayr.

Weiters betont er, dass bei touristischen Vorhaben nicht nur Gäste mitbedacht werden, sondern immer die Vorteile für die Bürger:innen der Stadt thematisiert werden. Auch hier kann man das Thema von „Overtourism“ wieder aufgreifen. Denn diese Debatte wird im Kontext von Nachhaltigkeit und Umweltschutz noch intensiver geführt und es können nur im Schulterschluss mit den Bürger:innen Lösungen gefunden werden.

Nachhaltigkeit und Besucherökonomie

Unter dem Einfluss dieser aktuellen Debatten rund um die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz, muss sich auch Tourismus verändern. In Graz versucht man die sogenannte Besucher:innenökonomie, den Fußabdruck des Gastes in der Destination, so gering wie möglich zu halten. Dabei ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs unabdingbar. Nachhaltiger Tourismus bedeutet aber nicht, dass man die Hotels aus den Innenstädten verbannt, im Gegenteil, das würde deutlich mehr Verkehr auslösen.

Zukunft

Nachhaltige Entwicklung sollte schlussendlich dazu führen, dass es wieder zu einer längeren Aufenthaltsdauer kommt, blickt Hardt-Stremayr in die Zukunft. Da tut man gut daran, das eigene Produkt zu schärfen.

Das gesamte Gespräch: https://youtu.be/Dv6hUJz-UuU

Blog: Julian Bitsche